Tanz, Tanz!
Als wär alles noch offen
Als hätte sich niemand den Schluss überlegt
Tanz! Tanz!
Als wärst du nicht betroffen
Als wären die Risse noch zu übersehen
Tanz! Tanz!
So als wär es zu Ende
Als hättest du wirklich die Wahl
Tanz! Tanz!
So echt wie am Anfang
So naiv wie beim ersten Mal– aus „Tanz, Tanz“ von Heisskalt
Puh, na sowas aber auch. So konfus hat mich bisher noch kein Festival zurückgelassen. Und davon gab es ja dieses Jahr schon einige. Mal abgesehen vom With Full Force, auf dem ich vor ein paar Jahren direkt nach meiner ersten Fusion war und recht schnell feststand, dass Mainstream-Festival, aufgrund des unkontrollierten Konsums von Alkohol und der daraus resultierenden Abstumpfung der Festivalgäste, nix für mich sind.
Kommen wir zum Punkt: Ich war auf dem Feel Festival am Bergheider See, in der Nähe von Berlin. Was die Location angeht, findet man hier paradiesische Zustände vor. Ein Besucherbergwerk unter dem sich das Festival abspielt, ein riesiger See zur Abkühlung und genug Auslauffläche zum entspannt Campen und Beine vertreten, falls man mal genug vom Feiern hat.
Die Pauke drückt, die vielen verschiedenen Bühnen sind zauberhaft dekoriert und überraschend abwechslungsreich in dem was auf ihnen gespielt wird. Man merkt deutlich, dass hier ein Brandenburgisches Äquivalent zur Fusion entwickelt werden soll. Grundsätzlich kein schlechtes Vorhaben, kommt es dabei aber doch vor allem auf die Umsetzung dessen an.
Doch fangen wir noch einen Schritt weiter vorn an: Beim Ablaufen des Camping-Geländes und der Suche nach einem ruhigen Platz, um die wenigen Stunden Schlaf möglichst erholsam werden zu lassen, fiel mir direkt auf, dass das Publikum wohl zu großen Teilen aus „Normalos“ besteht. Leute die sonst vielleicht aufs Hurricane und Co. fahren, elektrischen Klängen nicht abgeneigt sind, die aber hauptsächlich dem Feiern wegen das Festival besuchen. Das Leben zu feiern und ausgelassen Spaß haben, dagegen ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden, problematisch wirds allerdings wie sich ein Großteil der Leute verhält. Da wird die Party schon auf dem Zeltplatz zur Eskalation, und die Hinterlassenschaften von 3 Tagen Abriss-Stimmung auf dem Zeltplatz zurückgelassen. Das alles hat bei weitem nicht die Ausmaße wie man es auf Hurricane, Rock am Ring, und Co. zu sehen bekommt, entzieht sich mir aber trotzdem jeglichem Verständnis. Manchmal hab ich das Gefühl, dass die Leute einmal im Jahr sich einfach nur vollkommen daneben benehmen wollen, weil Mama und Papa gerade nicht hingucken.
Bei einem Festival dieser Größe und mit solch einem Publikum, sehe ich dringenden Bedarf, einen Verein wie Eclipse vor Ort zu haben, die Kids beraten können bei dem, was sich da so teilweise eingeworfen wird und als Anlaufstelle dienen kann, falls man sich in seinem Rausch mal nicht so wohlfühlt. Ein zentraler Infopoint oder Mitarbeiter, die man in Notsituation ansprechen kann, wären hier von Vorteil, beides habe ich so vor Ort nicht vorgefunden. Bei dem bevorstehenden Wachstum, welches von den Veranstaltern angestrebt wird, hoffe ich inständig, dass hier nächstes Jahr nachgebessert wird.
Leben und leben lassen, mein Ding ist das aber nicht. Ich will auch nicht auf der einen Seite alternatives Weltverbesserer Festival beworben bekommen und Expansion getriebenes Elektro-Mainstream-Spektakel auf der anderen Seite. Man brüstet sich mit nachhaltiger Feierei im Programmheft, um dann fröhlich mit Konfetti Kanonen und einer unzureichenden Menge an Mülleimern sich selbst in sich zu widersprechen. Wenn an solch elementaren Dingen wie einer flächendeckenden Trinkwasserversorgung gespart wird, dann spricht das in meinen Augen für das komplette Gegenteil einer nachhaltigen Festivalkultur und erweckt den Eindruck, dass hier finanzielle Aspekte im Vordergrund stehen. Ein weiteres Indiz dafür, sind die Erfahrungen, die der Verein Plus1 machen musste.
Gib den Berlinern was sie wollen – bisschen Techno, bisschen Luft und Liebe, paar Drogen und du hast ein bunt gemischtes Publikum aus verschepperten Kids mit traurigen Gesichtern. No happy end.